Wer heute im Westen Buddhismus kennenlernen will, hat viele Möglichkeiten. Er kann die Tempel und Kultstätten asiatischer Buddhisten besuchen oder in einer der mehr als 100 Zentren und Gruppen meditieren und studieren. Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen und Glaubens treffen sich dort zur gemeinsamen Übung und Begegnung. Wenn auch in vielen Räumen eindrucksvolle Buddhastatuen aus Holz oder Bronze eine Atmosphäre von Ruhe und Gelassenheit verbreiten, so sind doch die meisten Menschen, die da zusammenkommen, keine „Gläubigen“, selbst wenn sie viel Zeit im Lotussitz am Boden und im Schweigen verbringen. Ob sich der eine zum Buddhismus bekennt oder die andere nur kommt, um abzuschalten, ob eine(r) ein(e) Kenner*in der Schriften ist oder eine andere die Übung mit ihrem Christentum verbindet, das spielt für die anwesenden Lehrer*innen oft nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist die Bereitschaft sich mit Ausdauer der Übung zu widmen. Buddhist wird man nicht durch Taufe oder Beitritt in eine Kirche, die es so gar nicht gibt. Es genügt, wenn man die so genannte „Zuflucht zu drei Juwelen“ für sich allein oder vor anderen ausspricht.

Damit zeigt man sein Vertrauen

  • zum Erwachten (Buddha), der den Weg gegangen ist,
  • zur Lehre (Dhamma), dem Weg des Verstehens und
  • zur Gemeinschaft (Sangha), die begleitet und unterstützt.

Was ist das für eine Lehre, die ausgehend von Indien vor 2500 Jahren ihren Weg in die Welt gefunden hat? Nach dem Tod des Buddha wurde die Lehre Jahrhunderte nur mündlich weitergegeben und blieb durch die Praxis und die Erfahrungen vieler Menschen lebendig. Es bildeten sich bald verschiedene Schulen. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen finden sich im Pali-Kanon, einer gewaltigen Sammlung von Lehrreden. Während der Buddhismus in den folgenden Jahrhunderten in Indien fast verschwand, breitete er sich um so mehr in anderen Ländern aus.

Die alte Unterscheidung in „Kleines Fahrzeug“, „Großes Fahrzeug“ und „Diamantfahrzeug“ ist weitgehend überholt. Gleichberechtigt kann man heute folgende „große“ Richtungen unterscheiden. Theravada-Buddhismus mit seiner Praxis von Satipatthana (Sammlung) und Vipassana (Einsicht), der vorwiegend aus den Traditionen der Länder Thailand, Sri Lanka, Myanmar und Kambodscha schöpft. Zen-Buddhismus in verschiedensten Spielarten (Soto und Rinzai ) aus Korea, Japan und Vietnam und aus den gleichen Ländern der Amida-Buddhismus, chinesischer Buddhismus, und Tibetischer Buddhismus, der mit seinen vielfältigen Formen im Westen die größten Massen anzieht. Es ist bemerkenswert, dass all diese Schulen mit ihren Anhängern einigermaßen friedlich nebeneinander existieren. Kommunikation und Einheit werden in Deutschland durch den Dachverband DBU (Deutsche Buddhistische Union) hergestellt. Die gemeinsamen Grundlagen sind im „Buddhistischen Bekenntnis“ formuliert. In den westlichen Ländern findet man auch Ansätze zu einer eigenständigen buddhistischen Kultur. Buddhistische Toleranz und Offenheit vermag es, Elemente wie Psychologie, Therapie, Körperarbeit, Frauenarbeit und sogar ökologisches Bewusstsein (engagierter Buddhismus) zu integrieren. So mag es nicht verwundern, dass zu manchen Veranstaltungen und Belehrungen einige tausend Menschen pilgern.

Vor mehr als 2500 Jahren brachte ein Mann namens Gautama, den man später den Buddha, das heißt der Erwachte, nannte, diese Lehre in die Welt. So umfassend das Lehrgebäude ist, so kann man es von seiner Ausrichtung her auf einen Punkt bringen, den der Buddha so ausdrückte: „So wie das Meer überall nach Salz schmeckt, so schmeckt meine Lehre überall nach Befreiung.“

Dem Buddha geht es um Einsicht in die Wirklichkeit dieser Welt, die als unbefriedigend angesehen wird. Nichts von dem, was man wahrnimmt, ist dauerhaft, wie könnte man dann annehmen, dass einem irgendetwas gehört und dauerhaftes Glück bringt. Auch unser so geliebtes „Ich“ gehört dazu und so geht es darum, in einer Art Selbsterkenntnis das eigene Wesen und die Mitwelt richtig zu verstehen. Es verwundert nicht, dass solche Ansichten sich durchaus mit modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen decken. Ein Mönch des Buddhas drückte es so aus: „Diese Lehre zeigt die Ursache aller Entstehung, ihre Auflösung und wie alles zusammenhängt.“

Der Buddha war aber kein Philosoph, dem es um eine weitere Welterklärung ging, sondern er zeigt jenseits aller Spekulation einen erfahrbaren, praktischen Weg. Wie ein guter Arzt erklärt er in den so genannten vier edlen Wahrheiten die Ursache unseres Leidens, nämlich das Begehren und, als frohe Botschaft , dass es eine Heilung gibt, eine Befreiung oder Erlösung, ein Erwachen, ein Bewusstsein, dass frei ist von Geburt und Tod, das so genannte Nirwana. Heute hat sich dafür der Begriff Erleuchtung durchgesetzt. Der Buddha wäre aber kein guter Arzt, wenn er nicht auch die Medizin in Form des „edlen achtfachen Pfades“ gegeben hätte und dieser Weg schließt das ganze Leben ein. Zum leichteren Verständnis kann man die acht Pfade, die gleichermaßen zu entwickeln sind, auch in drei Bereiche gliedern. Den Bereich von Wissen (rechte Einsicht und Weisheit), den Bereich des Verhaltens (rechte Rede, Handlung und Lebenserwerb) und den Bereich der Meditation (rechtes Bemühen, Achtsamkeit und Sammlung).Buddhismus ist eine Religion der Erkenntnis, die nicht von der Gnade eines Gottes abhängt, aber wohl durch gute Begleitung und Lehrenden, durch Freunde auf dem Weg , durch eine weise Lehre und eigene Anstrengung gefördert wird. Um Einsicht möglich zu machen, muss zunächst rechtes Verhalten und Tugend verinnerlicht werden und dann der Geist geschult werden. In der Nacht, in der der Buddha die Erleuchtung erfuhr, gewann er als erste Erkenntnis einen Einblick in zahllose, vorhergehende Lebensformen. Für Buddhisten aller Traditionen ist es eine Selbstverständlichkeit, das unser Leben mit dem Tod nicht endet, sondern nur verwandelt wird und die Lebensenergie sich wieder neue Formen sucht. Trotzdem gibt es in der buddhistischen Lehre kein festes Selbst, also eine Seele, die gleich bleibt und nur in verschiedene Gewänder schlüpft. Die Wiedergeburt sollte man sich eher als eine Art Fortsetzung vorstellen, die zwar vom Vorhergehenden abhängt, aber doch etwas ganz anderes ist. Vorstellbar wird das durch das Beispiel einer Kerze (dieses Leben), die eine andere Kerze (nächstes Leben) anzündet, ehe sie verlöscht. Mag auch die Aussicht tröstlich sein, dass es daher viele Chancen in verschiedenen Leben gibt, um die Erleuchtung zu erlangen, so zeigt doch der Buddha ganz klar, dass es im Kreislauf der Existenzen eher selten ist, dass man als Mensch wiedergeboren wird und daher dieses kostbare und kurze Leben gut genützt werden sollte.

In jeder buddhistischen Kultur gibt es Menschen, die sich als Mönche oder Nonnen ganz dem buddhistischen Weg widmen und von den in der Welt stehenden Menschen unterstützt werden. Diese Nachfolger Buddhas werden immer mit großem Respekt und Hochachtung behandelt, denn sie dienen als Vorbild für die Laien, die allerdings auch die höchsten Ziele des Weges erreichen können. Alle, die auf dem rechten Weg sind, folgen drei Grundsätzen: Das Schädliche zu lassen, das Heilsame zu tun und den Geist zu reinigen.